Heimkehr

Die Umrundung der Iberischen Halbinsel bis an die Costa Brava scheint fast problematischer als die Überfahrt über den Atlantik von den Azoren. Es gibt einige neuralgische Kaps, wo sich der Wind bekanntlich jeweils verstärkt und bis zu Sturmreife aufladet. Das Cabo São Vicente ist das erste davon. Mehr als eine Woche warten wir in Cascais/Lissabon auf moderate Windverhältnisse. Inzwischen hat die sommerliche Nortada eingesesetzt, ein Nordwind, angetrieben durch das Azorenhoch, der entlang der Portugiesischen Atlantikküste bläst und südlich von Lissabon zur Zeit bis auf 6-7 Bft zunimmt! Immer wieder versprechen die Prognosen ein Nachlassen auf Windstärken, die uns angenehm wären, doch der Motor des Tiefs über Südspanien treibt die Wettersituation zusätzlich immer wieder an. So treten wir zusammen mit der Crew der Canceló die Flucht nach vorne an und beschliessen eine halbwegs passable Windsituation am Cabo São Vicente auszunützen, mit dem Ergebnis, dass wir das besagte Kap im Morgengrauen lediglich mit einer zu 1/3 gerefften Fock ohne Grossegel bei Windstärken von bis zu 35kn und 3m hohen Wellen umrunden! Das Schiff liegt aber wie eine Nussschale völlig sicher in den Wellen, man merkt diese furchteinflössenden Windstärken gar nicht wirklich, da sie von achtern kommen! Wer weiss, ob wir diesen Schlag gewagt hätten, wenn wir dies wirklich gewusst hätten.




Dann sind wir an der Algarve, der Wind lässt rasch nach und wird vorallem wesentlich wärmer, der Sommer hat nun auch uns erreicht! Jetzt sehen wir dann plötzlich die Canceló wieder vor uns segeln! Auch sie habens geschafft! Dann geht alles sehr rasch! Das Tief über der Iberischen Halbinsel bläst uns mit rassiger Fahrt durch den Estrecho von Gibraltar, unterstützt von der West-Ost-Strömung! Es wird jetzt auch täglich wärmer. Betrug die Meerestemperatur beim Cabo Trafalgar im Atlantik noch 16 Grad, misst sie östlich vom Point of Europe schon 24 Grad, um bis Cartagena auf 35 (sic!) Grad anzusteigen! Es wird unerträglich heiss, auch der nun aus Norden blasende Wind bringt keine grosse Abkühlung! Im August darf man an den Mittelmeerküsten Spaniens nicht mehr unterwegs sein, nur schon wegen der Touristenmengen an der Costa del Sol und Costa Blanca. Ganz Spanien und Europa treibt es ans Wasser! Es ist deutlich angenehmer auf dem Wasser. Die sonst nicht so beliebten Nachtfahrten mit dem anstrengenden Wachplan, Martina fehlt schon etwas, bringen uns nicht nur rasch voran, sondern kühlen uns und das Schiff ab, wenn nur die Feuchtigkeit nicht wäre, man kann nichts berühren oder sich hinsetzen, alles ist nass. Ein nächstes Schiff würde ich Fleur de Sel taufen, jedes mal müssen wir das Boot im Hafen mit Süsswasser abspritzen! Übrigens haben wir so das Cabo de la Gata fast unbemerkt in einem Nachtschlag hinter uns gelassen!

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Bleibt noch das Cabo de la Nao, auch eine berüchtigte Windecke! Dazu haben wir ein Wetterfenster für eine Nacht, bevor wieder der Nordwind einsetzt! Wir wollen weiter! Langsam melden sich einige Defekte, ich kann nicht mehr kochen, weil der Sicherheitsschalter fürs Gas die Gasleitung nicht mehr freigibt. In dieser Hitze kein riesiges Problem, wir essen kalt, das heisse Wasser für den Kaffee nachts kann mit dem elektrischen Wasserkocher erhitzt werden. Das mit dem defekten Motorlüfter ist auch nicht so schlimm! Essentiell wirds aber als sich in der schönen, aber sauheissen Marina von Cartagena nach dem Manövrieren das Bugstrahlruder nicht mehr in den Gehäuseschacht einfahren lässt! Das zwingt uns ausgerechnet jetzt und hier wieder in die Box zurückzukehren. Es muss ein elektrisches Problem vorliegen! Sämtliche üblichen Notmassnahmen nützen nichts, auch Dieters Schraubschlüssel nicht! Dann plötzlich haben alle Stossgebete und sonstigen Sprüche was gebracht, es funktioniert wieder tadellos. Der angeforderte Elektriker kann wieder abgesagt werden. Was es war wissen wir wohl nie genau, wahrscheinlich ein Fremdkörper, der den Schacht blockierte. Wir sind schweiss gebadet, können aber auslaufen nach Valencia! Das Cabo de la Nao wird seinem Ruf gerecht, die Böenspitzen ereichen wesentlich mehr als 20kn, für uns kein Problem mehr! Aber Gustis Kampf mit Wind und Wellen in Sturmstärke ( also mehr als 30kn!) am Cabo San Antonio verschlafe ich!


Zum Glück werden wir im schönen Valencia einige Tage ausgebremst, das erlaubt uns wirklich auszuruhen und diese schöne Stadt nochmals zu besuchen mit dem Mix aus mittelalterlichem Kern und dem modern bebauten Calatravaviertel im trockengelegten Turiàfluss! Natürlich darf eine Paella Valenciana nicht fehlen!

Und plötzlich sind wir in unserer Marina in Palamos, wo wir schon erwartet werden. Ramon bedauert Gusti, weil er so offensichtlich abgenommen hat ( -4Kg !). Von Lissabon bis “nach Hause” haben wir gut 2 Wochen gebraucht! Seit dem 1.Mai haben wir 3’500sm zurückgelegt, davon gut 2 Mte. nicht gesegelt, um die portugiesischen Atlantikinseln zu erkunden und zu geniessen! Das heisst, wir haben in rund 6 Wochen die 3’500 Seemeilen hinter uns gebracht. Wie verschieden ist doch die atlantische Inselwelt gegenüber dem Leben auf dem Kontinent! Wir sehnen uns schon fast etwas nach den geruhsamen Inseln Santa Maria oder São Jorge.

Wir sind schon ein bisschen stolz auf unsere Leistung, obwohl wir gegenüber zb. Amanda und John aus New Zealand mit der Cook Island Flagge mit ihren 10’000sm jährlich mit Gästen seit Jahren nur unbedeutende Banausen sind! Erst jetzt, wo sich der Kreis schliesst, wird uns bewusst wie speziell dieser Sommertörn für uns sein wird! Wir durften in den letzten 7 Jahren mit unserem Segelschiff Gamper die Küsten von fast ganz Europa bereisen. Der Besuch der Atlantischen Inseln war nun der krönende Abschluss. Wir sind dankbar, dass wir keine grösseren Schäden oder Unfälle erlebt haben ! Dies hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass die Meteoprogramme besser geworden sind und überall zugänglich sind und Gusti die Wettersituationen immer genau versuchte zu kalkulieren und dabei nie etwas riskierte! Dazu hatten wir auch immer die Unterstützung unserer Familie, allen voran Isabel, die immer unser Büro machte, Martina, die uns auf dem Boot als Crew unterstützte! Wir wussten auch immer, dass Peter jede Seemeile von uns nachverfolgte und sich sogar ums Wetter zu interessieren begann, ebenso wie Max, Sibylle und Patrik sowie Cornel und Eveline, die uns für alle Fälle zur Seite standen. Ihnen allen sei herzlich gedankt.

Wir wollen nun keine grossen Reisen mehr unternehmen, worüber zu berichten wäre, deshalb endet unsere Blogserie hiermit!

PS : eigentlich war unser “Euro-Vela” Projekt auf 3 Jahre ausgelegt ; es wurden nun halt 7 Jahre daraus ….

Caroline und Gusti, SY Gamper

zZt. Playa de Pals

16.08.2017

















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